Corona-Teststellen: Der Betrug geht weiter – Im Osten viel weniger Fälle

Die Ermittlungen zu Betrügereien im Zusammenhang mit Corona-Tests laufen weiter. Die „Welt am Sonntag“ veröffentlichte Informationen über ein starkes Ost-West-Gefälle. Das hänge wohl mit der fehlenden Statistik der einzelnen Länder zusammen. Auch jetzt gibt es offenbar größere Lücken bei der Umsetzung der Kontrollen.
Ein Pappschild weist die Richtung zu einem Corona-Testzentrum in Düsseldorf.
Ein Pappschild weist die Richtung zu einem Corona-Testzentrum in Düsseldorf.Foto: Federico Gambarini/dpa
Epoch Times11. Juli 2022

Bei der Zahl der Ermittlungsverfahren zu Abrechnungsbetrug bei Corona-Teststellen bestehen eklatante Unterschiede zwischen den Bundesländern. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf eigene Informationen. In Berlin sind demnach aktuell 396 Ermittlungsverfahren wegen möglichen Abrechnungsbetrugs anhängig.

Eine ebenfalls hohe Ermittlungszahl verzeichnet Baden-Württemberg („unterer dreistelliger Bereich“). Mit großem Abstand dahinter folgen die Flächenländer Bayern (77), Rheinland-Pfalz (53), Nordrhein-Westfalen (48). Im Rest des Landes bewegt sich die Zahl der Ermittlungsverfahren hingegen im unteren zweistelligen oder einstelligen Bereich.

Nur wenige Betrugsfälle im Osten

Im Osten ist deren Zahl fast durchgängig niedrig. So teilte das Justizministerium in Thüringen der Zeitung mit, dass „keine Verfahren wegen Abrechnungsbetrugs bei Corona-Testcentern anhängig“ seien.

In Sachsen und Sachsen-Anhalt zählt die Staatsanwaltschaft jeweils ein halbes Dutzend Ermittlungsverfahren. Ein Grund für das Ost-West-Gefälle bei den Ermittlungszahlen zum Abrechnungsbetrug zwischen den Bundesländern liegt auch in der Erfassung der Delikte.

Einige Länder führen keine eigene Statistik, Thüringen etwa. Kritik an der Zuverlässigkeit der von den Justizministerien, Staatsanwaltschaften, Landeskriminalämtern und Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) übermittelten Zahlen übt Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.

„Die bekannten Deliktszahlen bei Corona-Testbetrügereien sind sicher nur die Spitze eines gigantischen Eisbergs an tatsächlich begangenen Straftaten. Aber kaum jemand scheint ein Interesse daran zu haben, dass das alles aufgedeckt wird“, sagte Wendt in der „Welt am Sonntag“.

Betrug in Corona-Teststellen theoretisch immer noch möglich

Wie ein Teststellenbetreiber in Berlin kürzlich sagte, sei es trotz der laufenden landesweiten Ermittlungen immer noch möglich, bei Corona-Testabrechnungen zu betrügen. Um an sein Geld zu kommen, müsse ein Teststellenbetreiber nur ein Online-Formular ausfüllen, sagte Philippe Gouverneur im Interview mit „rbb24“.

In das Formular trägt er die Anzahl der monatlichen Testungen ein, das war es. Es gebe keinerlei Nachweispflicht, ob und wie viele Tests wirklich stattgefunden haben. Von den zuständigen Behörden sei er bisher nie kontrolliert worden – weder von der Gesundheitsverwaltung noch von der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB).

Nach Informationen von „rbb24“ soll die Berliner Polizei sowohl der Senatsverwaltung für Gesundheit als auch der Kassenärztlichen Vereinigung während der Corona-Pandemie angeboten haben, Corona-Teststellen regelmäßig zu kontrollieren, um Abrechnungsbetrug zu verhindern. Das Angebot sei jedoch nicht angenommen worden.

LKA Berlin beklagt „staatliches Organisationsversagen“

Der zuständige Kommissariatsleiter beim LKA Berlin, Jörg Engelhard, attestierte „staatliches Organisationsversagen“. Das Problem sei schon die Testverordnung von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gewesen. Diese sei seiner Meinung nach von einem positiven Menschenbild ausgegangen und mit sehr viel „Gottvertrauen“ unterlegt gewesen.

Das Bundesgesundheitsministerium erwiderte auf Nachfrage von „rbb24“, dass die Testverordnungen mehrfach angepasst wurden, um Betrug einzudämmen. Allerdings hapert es mit der Umsetzung.

Wie der Sender berichtete, schiebt die KVB die Verantwortung für die vor Ort Kontrollen der Teststellen der Senatsverwaltung für Gesundheit zu. Sie selbst habe alles Mögliche getan, um in Zusammenarbeit mit dem Senat und der Polizei Missbrauch aufzudecken. Der Berliner Senat verweist darauf, dass die Polizei für die lokale Kontrollen zuständig sei. Und das LKA beklagt, dass die KVB niemals einen Verdacht angezeigt habe.

Für den Teststellenbetreiber Philippe Gouverneur trägt die Kassenärztlichen Vereinigung eine Hauptschuld. Sie profitiere, wenn möglichst viele Tests abgerechnet würden und kassiere 3,5 Prozent  Verwaltungsprovision pro abgerechneten Test. Bei rund 600 Millionen Euro, die in Berlin für Corona-Tests abgerechnet wurden, mache das gut 20 Millionen Euro.

Erst kürzlich hat das LKA Berlin Strafanzeige gegen zwei Vorstandsmitglieder der KVB wegen des Verdachts der Untreue gestellt. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt nun.

Seit den jüngsten Gesetzesänderungen muss künftig jeder Bürger bis auf einige Ausnahmen drei Euro pro Test zahlen. Zudem muss jede Person die Durchführung des Tests schriftlich bestätigen. Wie das kontrolliert werden kann und wird, ist für Teststellenbetreiber Gouverneur unklar. Bislang wollte noch niemand die Nachweise sehen. (dts/nh)



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